Kriegsgefangenenpost: Briefe für 3 Cent verschicken – geht das?
Aktuell kursieren auf Social Media Plattformen Videos in denen behauptet wird, dass man noch immer Briefe mit nur 3 Cent oder 4 Cent frankiert verschicken kann. Zusätzlich soll man entsprechend „Kriegsgefangenschaft“ auf englisch oder französisch drauf schreiben. Dieses hartnäckige Gerücht wurde bereits 2014 schon heiß diskutiert. Aber was ist dran an der Behauptung?
Kriegsgefangenenpost für Cent Beträge verschicken?
Viele Briefmarkensammler oder Geschichtsinteressierte stoßen gelegentlich auf alte Briefe mit extrem niedrigem Porto – oft nur 3 Pfennig oder Cent. Besonders häufig findet man solche Sendungen im Zusammenhang mit der sogenannten Kriegsgefangenenpost. Doch war das wirklich erlaubt? Und ist so etwas heute noch möglich?
Was ist Kriegsgefangenenpost?
Kriegsgefangenenpost bezeichnet Postsendungen, die zwischen Kriegsgefangenen und ihren Angehörigen ausgetauscht wurden – insbesondere während der beiden Weltkriege. Der internationale Postverkehr für Kriegsgefangene war durch die Genfer Konventionen geregelt. Diese sahen vor, dass Gefangene unter bestimmten Bedingungen Briefe oder Karten verschicken und empfangen durften – häufig portofrei oder zu stark reduziertem Porto.
Warum konnte man Briefe mit nur 3 Pfennig verschicken?
Während des Zweiten Weltkriegs erlaubten viele Staaten, darunter auch Deutschland, vergünstigte Tarife für Kriegsgefangenenpost. Diese waren oft symbolischer Natur – etwa 3 oder 5 Pfennig. In einigen Fällen war die Post sogar vollständig portofrei, insbesondere bei Postkarten. Voraussetzung war, dass es sich tatsächlich um Kriegsgefangenenpost handelte, was durch spezielle Stempel, Formulare oder Zensurvermerke nachgewiesen wurde.
Weltpostvertrag Punkt 6
In einigen Internetforen wird auf den Artikel 6 des Weltpostvertrages verwiesen. Allerdings finden sich die gesuchten Informationen im Artikel 16 des Weltpostvertrags.
Der Artikel 16 des Weltpostvertrags (Universal Postal Convention) regelt die entgeltfreie Beförderung von Postsendungen an oder von Kriegsgefangenen sowie zivilen Internierten. Diese Bestimmungen gelten ausschließlich für den Austausch zwischen autorisierten Stellen, wie dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz, und den betreffenden Personen.
Auszug aus Artikel 16 des Weltpostvertrags
2. Kriegsgefangene und zivile Internierte
2.1 Briefpostsendungen, Postpakete und Postzahlungsdienste, die an oder von Kriegsgefangenen adressiert sind, entweder direkt oder über die in den Bestimmungen des Weltpostvertrags und des Abkommens über Postzahlungsdienste genannten Stellen, sind von allen Postgebühren befreit, mit Ausnahme von Luftzuschlägen. Kriegsgefangene, die in einem neutralen Land interniert sind, werden hinsichtlich der Anwendung der vorstehenden Bestimmungen wie Kriegsgefangene behandelt.
2.2 Die unter 2.1 genannten Bestimmungen gelten auch für Briefpostsendungen, Postpakete und Postzahlungsdienste, die aus anderen Ländern stammen und an zivile Internierte adressiert sind oder von diesen gesendet werden, wie sie in der Genfer Konvention vom 12. August 1949 zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten definiert sind, entweder direkt oder über die in den Bestimmungen des Weltpostvertrags und des Abkommens über Postzahlungsdienste genannten Stellen.
2.3 Die in den Bestimmungen des Weltpostvertrags und des Abkommens über Postzahlungsdienste genannten Stellen genießen ebenfalls Gebührenbefreiung für Briefpostsendungen, Postpakete und Postzahlungsdienste, die sie im Zusammenhang mit den unter 2.1 und 2.2 genannten Personen senden oder empfangen, entweder direkt oder als Vermittler.
2.4 Pakete werden bis zu einem Gewicht von 5 Kilogramm portofrei zugelassen. Das Gewichtslimit erhöht sich auf 10 Kilogramm bei Paketen, deren Inhalt nicht aufgeteilt werden kann, und bei Paketen, die an ein Lager oder die dortigen Gefangenenvertreter („hommes de confiance“) zur Verteilung an die Gefangenen adressiert sind.
2.5 In der Abrechnung zwischen den benannten Betreibern werden für Dienstpakete sowie für Pakete an Kriegsgefangene und zivile Internierte keine Tarife berechnet, abgesehen von den für Luftpakete geltenden Luftbeförderungsgebühren.
Wichtiger Hinweis:
Diese Regelungen gelten ausschließlich für den Austausch von Postsendungen zwischen autorisierten Organisationen und den genannten Empfängern. Für Privatpersonen besteht kein Anspruch auf eine gebührenfreie Beförderung von Postsendungen unter Berufung auf Artikel 16 des Weltpostvertrags. Versuche, reguläre Postsendungen mit minimalem Porto zu versenden und sie fälschlicherweise als „Kriegsgefangenenpost“ zu deklarieren, werden von der Deutschen Post nicht anerkannt und können rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Gilt diese Regelung auch heute noch?
Jein, heute ist es nicht mehr möglich. Die heutige Postabwicklung erfolgt ausschließlich nach den aktuellen Tarifen der jeweiligen nationalen Postdienste.
Zum Beispiel beträgt das Porto für einen Standardbrief in Deutschland (Stand 2025) 85 Cent. Briefe mit zu wenig Porto gelten als unterfrankiert und werden entweder zurückgesendet oder mit einem Nachentgelt belastet.
Zwar hatte die Bild Zeitung 2014 selbst zwei Testbriefe versendet und diese wurden auch erfolgreich zugestellt, aber davon sollte sich keiner verleiten lassen. Ansonsten kann es teuer werden!
Was passiert, wenn ich heute einen Brief mit 3 Cent frankiere?
Ein solcher Brief würde im modernen Postsystem als ungültig frankiert gelten. Der Empfänger müsste in der Regel ein Strafporto bezahlen oder der Brief wird gar nicht erst zugestellt. Die Angabe „Kriegsgefangenenpost“ hat keine rechtliche Bedeutung mehr und wird von der heutigen Postverwaltung nicht anerkannt.
Fazit: Historische Ausnahme, keine heutige Gültigkeit
Briefe mit nur 3 Cent oder Pfennig Porto sind ein spannendes Stück Zeitgeschichte – aber sie stammen aus einer klar abgegrenzten historischen Periode. Die damaligen Sonderregelungen für Kriegsgefangene gelten nicht mehr. Heute ist ein solcher Versand nicht erlaubt und wird von der Post nicht akzeptiert.